Der ULG Global Citizenship Education umfasst eine Studienreise, im dritten Durchgang musste diese pandemiebegingt aber mehrfach verschoben und neu geplant werden. Ende August 2022 brach ein Teil der Lehrgangsgruppe und des Teams dann nach Bosnien-Herzegowina auf, die Studienreise war dem Themenschwerpunkt „Glokale Konflikte“ gewidmet. Zu Beginn der Reise standen vor allem die Ursachen und Folgen des Krieges von 1992-1995 im Mittelpunkt. Mit dem Besuch des Srebrenica Memorial Centers, das dem Gedenken an den Völkermord in Srebrenica im Jahr 1995 gewidmet ist, erhielten die Teilnehmer*innen im Rahmen einer Führung durch die Museumsräume weitreichende Informationen über die historischen und politischen Hintergründe des Massakers. Im Anschluss war Zeit, sich individuell mit Details der verschiedenen Ausstellungen auseinanderzusetzen und den Friedhof zu besuchen. Die Arbeit des Centers und die Gedenkstätte selbst sind ein wichtiger Teil der Aufarbeitung des Krieges und ein Mahnmal für eine friedliche Zukunft.
Weitere Eindrücke vom Leben im Krieg erhielten wir durch den Besuch des Museums am Eingang des Tunnel Spasa, eines 800 Meter langen unterirdischen Tunnels, der 1993 die Stadtteile Dobrinja und Butmir mit den freien bosnischen Gebieten verband und über den die Bewohner*innen Sarajevos mit Lebensmitteln versorgt wurden und des War Childhood Museums, das anhand von Objekten die ergreifenden Erlebnisse und Erinnerungen von Kindern dokumentiert. Die Gedenkstätten und die Museen, aber auch die nach wie vor präsenten Zeugnisse von Kriegshandlungen geben einen tiefen und emotional bewegenden Eindruck der Zerstörungen und gesellschaftlichen Verwundungen.
In Sarajevo und Mostar konnten die ULG-Teilnehmer*innen außerdem einen tiefen Einblick in die Geschichte und gegenwärtige politische und soziale Organisation dieser Städte mit ihrer ethnischen und religiösen Vielfalt gewinnen. In zahlreichen Vorträgen, Diskussionsrunden und Besuchen bei verschiedenen Nicht-Regierungsorganisationen wurden auch Strategien der Konfliktlösung und Versuche der konstruktiven Bewältigung der Kriegsfolgen sowie der Überwindung der ethnischen Segregation diskutiert: Am Center for Interdisciplinary Studies der Universität Sarajevo wurde das Masterprogramm Democracy and Human Rights in Southeast Europe vorgestellt und ein Austausch über die Lehrgangsprogramme und interdisziplinäre Studien geführt. Eine Vertreterin der Education Section der OSCE (Organization for Security and Cooperation in Europe). Fachlichen Austausch gab es weiters mit folgenden NGOs: dem Center for the Development of Youth Activism (CROA) in Sarajevo und der Jugendorganisation KULT, die sich insbesondere für das friedliche Zusammenleben über ethnische und religiöse Grenzen hinweg sowie Menschen- und Kinderrechte und die Partizipationsmöglichkeit von Jugendlichen in der Politik einsetzen. KULT versucht Jugendliche vermehrt in das politische Geschehen zu integrieren und auf mehreren Regierungsebenen die notwendigen (rechtlichen) Strukturen für mehr Teilhabe zu schaffen. Das Nansen Dialogue Center in Mostar präsentierte seine Arbeit für den Dialog zwischen den ethnischen, religiösen und politischen Interessengruppen und mit der privat geführten International Primary School Mostar wurden die Herausforderungen für eine gemeinsame und inklusive Schule jenseits ethnischer Segregation diskutiert.
In weiteren Gesprächsrunden schilderte Elma Tahmaz Horman (Aktivitätsbereich Transitional Justice and Human Rights) die Sichtweisen der Jugend über die politischen Verhältnisse sowie die Perspektiven junger Menschen in Bosnien. Gudrun Kramer (GIZ) und Wilfried Graf (Herbert C. Kelman Institut für interaktive Konfliktbearbeitung) berichteten von den Herausforderungen und Möglichkeiten für Konfliktlösung und Friedensarbeit in Bosnien.